Wirtschaft

17. Wirtschaft

Landesvergabegesetz modernisieren

Mecklenburg-Vorpommern befindet sich nach wie vor im Lohnkeller. Nicht einmal jeder zweite Beschäftigte wird nach Tarif bezahlt. Das muss sich dringend ändern.

Wir wollen

  • das Landesvergabegesetz weiterentwickeln. Unser Ziel ist es, dass bei öffentlichen Aufträgen endlich ein armutsfester Lohn gezahlt wird. Aufträge sollen nur noch an Unternehmen gegeben werden, die ihre Beschäftigten nach Tarif oder tarifgleich bezahlen, sofern der Bruttostundenlohn mindestens 13 Euro beträgt. Damit stellen wir sicher, dass die öffentliche Hand als Vorbild vorangeht, die Steigerung der Tarifbindung mit eigenen Mitteln forciert und Lohndumping entgegentritt. Die Vorbildwirkung der öffentlichen Hand ist darüber hinaus auch bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen umzusetzen.
  • endlich auch ökologische Kriterien bei der Auftragsvergabe berücksichtigen. Herstellungsbedingungen, Lieferketten und die Langlebigkeit von Produkten sollen stärker als bislang berücksichtigt werden. Kann-Regelungen sind zu streichen und durch klare Vorgaben und Verpflichtungen zu ersetzen
  • Im Bereich des SPNV/ÖPNV wollen wir die Beschäftigten bei Betreiberwechseln künftig besser absichern. Deshalb fordern wir, dass Aufgabenträger ihre Auftragnehmer auf der Grundlage von Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 dazu verpflichten, den Arbeitnehmer*innen, die zuvor zur Erbringung der Dienste eingestellt wurden, ein Angebot zur Übernahme zu den bisherigen Arbeitsbedingungen zu unterbreiten.

Wirtschaftsförderung stärker an Tariflöhne knüpfen

Auch bei der Wirtschaftsförderung möchten wir die Tarifbindung stärken. Bislang werden lediglich große Unternehmen in die Pflicht genommen, Tariflöhne zu zahlen, wenn Fördermittel fließen.

Wir wollen

  • diese Pflicht ausweiten. Investitionen von großen Unternehmen mit über 250 Beschäftigten sind bislang die Ausnahme in Mecklenburg-Vorpommern. Deshalb hat die bestehende Regelung bestenfalls symbolische Wirkung erzielt. Wir werden daher die Pflicht zur Zahlung von Tariflöhnen schrittweise ausweiten. Dabei sollen zunächst alle Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten nur noch Fördermittel erhalten, wenn sie ihren Beschäftigten Tariflöhne zahlen.
  • Klein- und Kleinstunternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten mit einer gezielten Förderung unter die Arme greifen, um die Wertschöpfung zu erhöhen. Erst dann werden wir prüfen, inwieweit die Pflicht zur Zahlung von Tariflöhnen auch auf Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten ausgeweitet werden kann.  
  • die stärkere Nutzung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen.

Maritime Industrie

Die maritime Industrie ist über die Werftstandorte hinaus prägend für Mecklenburg-Vorpommern. Tausende gut bezahlte und vielerorts tarifgebundene Industriearbeitsplätze sind wichtig für unser Land und die Beschäftigten.

Wir wollen

  • die Möglichkeit, auch künftig Schiffbaustandort zu sein, erhalten. Angesichts der mit Ausbruch der Corona-Krise entstandenen Probleme wird dazu die Unterstützung des Bundes notwendig sein. Für den Fall, dass nicht alle Werftstandorte erhalten werden können, werden wir kurzfristig Auffang- und Qualifizierungsmaßnahmen für betroffene Beschäftigte unterstützen. Darüber hinaus gilt es, jetzt Vorsorge zu treffen und industriepolitische Alternativkonzepte zu erarbeiten. Moderne Industrieparks an der Hafenkante könnten neue Impulse setzen und zukunftsfähige Arbeitsplätze bieten, wenn Werftstandorte aufgrund äußerer Einwirkungen, wie der Corona-Pandemie keine positive Entwicklungsperspektive mehr haben.
  • die Förderprogramme für die Zulieferunternehmen überprüfen und neugestalten, da derzeitige Programme aufgrund ihrer Bestimmungen vielfach ins Leere laufen. Das Ziel muss auch hier sein, dass künftig ein höherer Grad an tarifgebundener Beschäftigung erreicht wird. Dazu müssen die Unternehmen aber auch in die Lage versetzt werden, diese Löhne zu zahlen.

Mehr Qualität und gute Arbeitsbedingungen im Tourismus

Mecklenburg-Vorpommern ist seit langem eines der beliebtesten Tourismusziele in Deutschland. Folglich sind viele Beschäftigte in der Branche tätig. Um die Spitzenposition zu verteidigen, braucht es neue Weichenstellungen. Nicht allein steigende Übernachtungszahlen sollten im Fokus stehen, sondern Investitionen in eine höhere Qualität der Beherbergung, Verköstigung und Unterhaltung sowie die Verlängerung der Saison. Nur so bleibt unser Land attraktiv für Touristen und die Branche für die so dringend benötigten Fachkräfte. Auch die Bezahlung letzterer muss sich verbessern. Niedrige Löhne und bis zu 10.000 Beschäftigte, die lediglich saisonal im Gastgewerbe beschäftigt werden, sprechen eine deutliche Sprache.

Wir wollen

  • die Tarifparteien ermuntern, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen, über Tarifverträge das Lohnniveau im Gastgewerbe anzuheben. Jegliche Versuche, das Arbeitszeitgesetz aufzuweichen, lehnen wir entschieden ab. Die tägliche Höchstarbeitszeit dient dem Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Ihre Abschaffung ist kein Beitrag zu attraktiveren Arbeitsbedingungen.
  • eine Bundesratsinitiative für ein Saisonkurzarbeitergeld im Tourismus initiieren, welches sich an den Regelungen der Baubranche orientiert. Darüber hinaus soll das Projekt Saisonzuschuss mit der Branche ausgewertet und neu aufgelegt werden. Ziel bleibt es, die Unternehmen in die Lage zu versetzen, saisonale Schwankungen besser auszugleichen und ihre Beschäftigten auch in der ganzjährig zu beschäftigten.

Beim Kinder- und Jugendtourismus wieder Vorreiter werden

Wir treten dafür ein, dass jede und jeder die Möglichkeit haben muss, zu verreisen. Folgerichtig stellen Reisen für Familien, Alleinerziehende mit Kindern sowie Kinder- und Jugendreisen Schwerpunkte dar. Für Menschen mit Behinderungen muss eine umfassende Barrierefreiheit in der gesamten touristischen Kette zum Standard werden

Wir wollen

  • daher die Mittel für Familienreisen im Land erhöhen.

Mecklenburg-Vorpommern hat seine herausragende Stellung im Kinder- und Jugendtourismus eingebüßt. Ein jahrelanger Investitionsstau und die mangelnde Förderung, vor allem gemeinnütziger Einrichtungen, gingen zu Lasten der Konkurrenzfähigkeit und haben zu unzähligen Schließungen geführt.

Wir wollen

  • einen Masterplan erarbeiten, der die bestehenden Einrichtungen untersucht und den notwendigen baulichen Investitionsbedarf ermittelt. Ein mit der Branche abgestimmtes Investitionsprogramm soll dabei helfen, wieder Anschluss an aktuelle Standards zu finden.
  • eine Vernetzungsstelle für den Kinder- und Jugendtourismus schaffen und einen jährlich stattfindenden Branchentag etablieren. 

Unternehmensgründungen und Betriebsnachfolgen

Mecklenburg-Vorpommern gehört zu den Bundesländern mit dem geringsten Gründungsgeschehen. Um das zu ändern, braucht es ein gründerfreundliches Klima. Dazu gehört, dass Wirtschaft und Wissenschaft besser zusammengebracht werden. Ferner muss notwendiges Risikokapital unbürokratisch bereitgestellt werden. Einzelne Fonds dafür stehen auch in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung, jedoch wird die Förderkulisse von den ansässigen Start-Ups als verbesserungswürdig bewertet. Deshalb gilt es, die vorhandenen Programme zu überprüfen und Hürden abzubauen.

Wir wollen

  • Innovationscamps als neues Format einführen, um die unterschiedlichen Gruppen zueinander zu bringen. Dies dient der besseren Vernetzung von bestehenden Start-Ups, der Wirtschaft im Land, der Wissenschaft und den Gründungswilligen mit innovativen Ideen. Bisher durchgeführte Tageskonferenzen erachten wir nicht als zielführend für ein intensives Kennenlernen und den gemeinsamen Austausch über konkrete Herausforderungen sowie die Erarbeitung von Lösungen.

Neben Existenzgründungen ist auch die Betriebsnachfolge ein zentrales Thema für Mecklenburg-Vorpommern. Viele tausend Unternehmen müssen in den nächsten Jahren einen Nachfolger finden oder verschwinden vom Markt.

Wir wollen

  • dass die Nachfolgezentrale ein seriöser und verlässlicher Ansprechpartner für Nachfolgesuchende und potentielle Nachfolger bleibt. Dazu ist es erforderlich, dass sie finanziell gut ausgestattet wird und keine Partnerschaften zur Finanzierung ihrer Arbeit mit Dritten eingehen muss. So soll das Angebot für alle Seiten kostenfrei bleiben, damit es ohne Hemmnisse in Anspruch genommen werden kann.
  • Eine personelle Aufstockung, um die Arbeit weiter zu professionalisieren und der Nachfolgezentrale zu ermöglichen, die steigenden Anforderungen zu bewältigen.

Arbeit 4.0 geht nur mit den Beschäftigten

Computer oder von ihnen gesteuerte Maschinen können künftig die Tätigkeit, jedes fünften Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern, annähernd ersetzen. Dabei gibt es branchenbezogen große Unterschiede. Im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Gesundheits- und Sozialwesen sind die Möglichkeiten, menschliche Tätigkeiten zu ersetzen geringer, als im Verkehrssektor und in der Logistik. Hier müssen sich Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten darauf einstellen, Konkurrenz durch Computer zu bekommen, zum Beispiel in Gestalt von autonomen Fahrzeugen. Durch die Digitalisierung in der Arbeitswelt werden aber auch viele neue Jobs entstehen. Damit Beschäftigte diese dann auch ausfüllen können, muss der Fokus in Zukunft viel stärker als bislang auf die Themen Qualifizierung und Weiterbildung gerichtet werden.

Wir wollen,

  • dass Weiterbildung künftig denselben Stellenwert wie die Ausbildung bekommt.  Anstrengungen, die darauf gerichtet sind, Arbeit und Lernen in den Unternehmen besser miteinander zu verzahnen, sind zu fördern und zu unterstützen.
  • die Wirksamkeit des Bildungsfreistellungsgesetzes überprüfen und bedarfsgerecht weiterentwickeln.

Die Beschäftigten sehen sich schon heute hohen Flexibilitätsanforderungen ausgesetzt. Der Informationsfluss hat sich verdichtet. Durch Homeoffice und ständige Erreichbarkeit auf Tablets und Smartphones vermischt sich Arbeit immer mehr mit dem Privatleben. All dies beeinflusst Gesundheit und Arbeitsfähigkeit. Wir wollen daher die Bemühungen unterstützen, die dabei helfen, die Arbeit der Zukunft besser zu gestalten, um psychische Fehlbelastungen zu vermeiden, Qualifizierung zu stärken und Arbeitszeit auch im Sinne der Beschäftigten zu flexibilisieren.

Wir wollen

  • das sozialpartnerschaftliche Projekt „M-V Works“ bekannter machen und weiterhin unterstützen. Die Begleitung von Digitalisierungsprojekten in Unternehmen, die sich mit der Gestaltung und Entwicklung von Arbeitsbeziehungen befassen, ist uns dabei ebenso wichtig, wie der Erfahrungsaustausch zwischen Beschäftigten, Betriebsräten und Führungskräften.

Mehr Wertschöpfung durch industrielle Entwicklung

Mecklenburg-Vorpommern hat nach wie vor die geringste Industriedichte aller Flächenländer in Deutschland. Auch daraus resultiert ein geringes Lohnniveau im Land. Bislang wird Mecklenburg-Vorpommern national und international vorwiegend als Tourismus- und Gesundheitsland wahrgenommen. Doch der Nordosten kann mehr. Dafür ist es notwendig, das Landesmarketing stärker auf die wirtschaftlichen und infrastrukturellen Vorteile des Landes auszurichten, um den Standort für Industrieansiedlungen interessant zu machen. Um Innovationen zu nutzen, die Wertschöpfung und die Produktivität der Unternehmen erheblich zu steigern, braucht es eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik. Dafür ist eine umfassende Industriestrategie notwendig, die regelmäßig angepasst wird.

Wir wollen

  • daher gemeinsam mit den Sozialpartnern eine Industriestrategie erarbeiten und regelmäßig fortschreiben, um neue Impulse für die Ansiedlung innovativer Unternehmen zu schaffen und auf diesem Weg die Wertschöpfung und das Lohnniveau zu erhöhen.